Dieter Stauber: "Wir werden Haltung bewahren"

Veröffentlicht am 31.03.2016 in Presseecho

Dieter Stauber vor seiner Arbeitsstelle, der Kriminalpolizeidirektion in Friedrichshafen (Bild Fabienne Wieland)

Der Südkurier hat zwei Wochen nach der Landtagswahl Interviews mit den Kandidaten geführt. Hier das Interview mit unserem Kreisvorsitzenden und Landtagskandidaten Dieter Stauber.

Südkurier Online, 30.03.2016, Fabiane Wieland 

Dieter Stauber spricht im Interview über ein ernüchterndes Wahlergebnis für die SPD und den Blick auf die nächste Bundestagswahl.

Dieter Stauber hat auch im Wahlkampf zur Landtagswahl weiter als Kriminalhauptkommissar bei der Kriminalpolizeidirektion gearbeitet. Kurz nach einer verlorenen Wahl macht er sich keine ernsthaften Gedanken über eine erneute Kandidatur in der Politik. (Bild Fabienne Wieland)

Seit der Wahl sind mehr als zwei Wochen vergangen. Sie hatten Zeit, um Bilanz zu ziehen. Wie bewerten Sie das Wahlergebnis heute?

Es ist eine schwere Wahlniederlage für die SPD, gleichwohl müssen wir das Ergebnis annehmen. Wir haben zehn Prozent und teilweise sogar noch mehr verloren. Früher hatten wir in Südwürttemberg fünf Abgeordnete, jetzt haben wir gerade noch zwei – in Reutlingen und Ulm. Ich habe aber von vielen Menschen zu meiner Kandidatur und unserem Wahlkampf positive Rückmeldungen bekommen. Viele haben mir bestätigt, dass die Performance des Kandidaten bei dieser Wahl nicht ausschlaggebend war. Das dominierende Thema waren einfach die Flüchtlinge. Und die Frage, wie viel Zuwanderung Deutschland verträgt. Da sind wir mit unseren Themen nicht zu den Menschen durchgedrungen.
 

Die SPD hat im Landkreis nur noch 10,1 Prozent erzielt. Wie bitter ist so ein Ergebnis für Sie persönlich?

Es war sehr ernüchternd. Man steckt viel Zeit und Energie rein – und nicht nur ich, sondern ganz viele engagierte Menschen. Aus meiner Sicht ist es gut gelungen, einen Wahlkampf auf Augenhöhe mit den anderen großen Parteien zu führen. Ich persönlich habe das Ergebnis inzwischen gut verdaut. Man muss die Möglichkeit des Scheiterns schließlich immer mit in Betracht ziehen. Ich denke, es ist sehr viel schwerer für jemanden, der schon ein Mandat im Landtag hatte und jetzt rausgeflogen ist.
 

Norbert Zeller hat Sie bereits bei der Wahlparty angestupst, ob Sie bei der Bundestagswahl 2017 für die SPD ins Rennen gehen. Haben Sie schon eine Entscheidung getroffen?

Das ist sehr nett vom Norbert, aber ich mache mir jetzt so kurz nach einer verlorenen Wahl keine ernsthaften Gedanken über eine erneute Kandidatur. Dennoch muss ich den Bundestagswahlkampf als Kreisvorsitzender organisatorisch anschieben und begleiten. Ich sehe mich selbst aber nicht in der Pflicht für den Bundestag zu kandidieren, wir haben auch noch andere gute Leute.
 

Lothar Fritz von der Kreis-CDU hat jüngst in einem Interview gesagt, Kandidaten müssten vielleicht noch angriffiger werden. Wie sehen Sie das?

Ich habe versucht, inhaltlich kompetent und seriös zu sämtlichen Themen Stellung zu beziehen. Ich denke, das ist mir auch gelungen. Wenn Sie mit angriffiger meinen, schrille Töne anzuschlagen, dann ganz sicher nicht. Da gibt es eine Partei, die hat das wunderbar erledigt, damit wollen wir nicht konkurrieren.
 

Was hätten Sie im Wahlkampf besser machen können? Wo sehen Sie Versäumnisse?

Ganz ehrlich – ich bin mir keiner Schuld bewusst. Mein Wahlkampf hat im letzten Sommer begonnen. Ich habe eine Dialogtour gestartet, war in jeder Kommune, habe viele Menschen besucht, ich war präsent und ich wüsste nicht, was ich an Engagement noch mehr hätte bringen können. Es war eine klassische Protestwahl. Ich gehe sogar noch weiter: Ich behaupte, es war vielen Wählern ziemlich egal, welche Institution wir gerade wählen. Der Landtag hat nichts mitzubestimmen beim Schutz der Außengrenzen und entscheidet auch nicht über Änderungen im Asylrecht. Wären es Kommunalwahlen gewesen, dann hätten wir jetzt vielleicht 15 Prozent AfD im Gemeinderat von Friedrichshafen und die SPD-Fraktion hätte sich halbiert, aber nicht, weil wir schlechte Arbeit gemacht haben, sondern weil ein großer Teil der Wähler der Meinung war, dass das Flüchtlingsproblem momentan nicht zufriedenstellend geregelt ist.
 

Besonders bitter war für Sie das Abschneiden der AfD. Wie sollte man jetzt mit der AfD umgehen?

Das Wahlergebnis muss man natürlich erst einmal respektieren, aber wir suchen auch die inhaltliche Auseinandersetzung. Ich als Kreisvorsitzender der SPD will sehen, was diese Partei auf Kreis- und auf Ortsebene für Ideen bringt. Ich will wissen, was hat die AfD für Ziele und was will sie anders machen. Das dürfen auch die Wähler erwarten.
 

Momentan deutet sich eine grün-schwarze Regierung an. Was halten Sie von dieser Konstellation?

Ich kann es mir im Moment noch nicht so richtig vorstellen, weil es kaum zwei Parteien gibt, wo die Unterschiede so groß sind und so deutlich zu Tage treten. Trotzdem muss es möglich sein, denn in einer Demokratie müssen sich alle demokratischen Parteien auf eine Kompromisslösung einigen können. Ich persönlich hätte mir eine Ampellösung vorstellen können und hätte dort mehr Übereinstimmungen gesehen.
 

Damit wäre die SPD in der Opposition. Worauf muss die SPD jetzt achten?

Ich denke, die SPD muss deutlich machen, für was sie steht. Wir dachten, wir hätten es durch eine gute Regierungsarbeit deutlich gemacht. Die Menschen müssen wieder begreifen, dass wir die Partei sind, die bei allen großen Themen immer auch die soziale Gerechtigkeit als Querschnittsaufgabe mit im Fokus hat. Das heißt, bei allen Themen müssen für uns die Menschen im Fokus stehen, die weniger Geld haben, die weniger leistungsfähig sind oder Benachteiligung erfahren. Und obwohl wir schrecklich dezimiert wurden und unsere Struktur über den Haufen geworfen wurde, werden wir Haltung bewahren. Wir werden jetzt nicht total populistisch die AfD rechts überholen oder andere komische Dinge tun. Selbstkritik ja, vielleicht auch etwas Demut, aber die Arbeit wird weitergehen und auch mit einer dezimierten SPD-Struktur sind unsere Ziele und der Einsatz für soziale Gerechtigkeit nach wie vor aktuell.
 

Sie haben am Wahlabend gesagt, dass die Mitglieder der Kreis-SPD jetzt aufgebaut und wieder motiviert werden müssen. Wie gut gelingt Ihnen das momentan?

Wir sind aktuell in der Phase, in der viele Parteimitglieder total enttäuscht sind und sich auch fragen, woran lag es. Momentan gibt es inhaltliche und wahltaktische Fragen zu analysieren und natürlich wird auch die Frage auftauchen, ob wir uns personell neu aufstellen müssen. Alle drei Fragen müssen gestellt werden, diese Diskussionen führen wir gerade. Wir haben gemeinsam gekämpft und nun werden wir gemeinsam das Wahlergebnis analysieren und daraus lernen. Für den 14. April werde ich alle Mitglieder der SPD Bodenseekreis zur Aussprache über die Landtagswahl einladen. Aber zunächst müssen sich die Mitglieder etwas erholen, wir haben gerade erst die letzten Wahlplakate abgehängt und die Altpapiercontainer heimgesucht, um übrige Wahlprospekte zu entsorgen. Und dann werden wir unseren Blick auf die nächste Bundestagswahl richten.

 

Zur Person

Dieter Stauber (47) lebt in Fischbach, ist verheiratet und hat zwei Kinder (16 und 21 Jahre). Von Beruf ist er Kriminalbeamter. Beschäftigt ist Stauber als Kriminalhauptkommissar bei der Kriminalpolizeidirektion Friedrichshafen. 1993 trat er der SPD bei und wurde 2001 Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. 2004 wurde er erstmals in den Gemeinderat gewählt, seit 2014 ist er auch Vorsitzender der SPD-Fraktion. Seit 2009 ist er Mitglied im Kreistag und seit 2013 Vorsitzender der SPD Bodenseekreis.

 

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